Der Chef von 1600 Mitgliedern hört auf

Führungswechsel im zweitgrößten Sportverein des Peiner Lands:
Nach 15 Jahren im Vorstand verabschiedet sich Klaus Schrader am Freitag als Vorsitzender des TSV Edemissen.

100 Jahre alt werden nur wenige. Miss Sophie aus „Dinner for one“ zum Beispiel feiert beharrlich jedes Jahr ihren 90. Geburtstag. Der TSV Eintracht Edemissen aber bringt es inzwischen auf 106 Jahre. „Die 100-Jahr-Feier war sicherlich der Höhepunkt meiner Amtszeit. So ein Jubiläum auszurichten, diese Ehre hat nicht jeder Vorsitzende“, konstatiert Klaus Schrader und schwelgt in Erinnerungen an einen schönen Altweibersommer 2004 mit einem feuchtfröhlichen Kommers und Tänzen zur Stimmungsmusik der Rock-Coverband „Man-o-meta“. Einen Traditionsklub am Leben zu erhalten und mit Leben zu füllen – daran hat Schrader 15 Jahre lang mitgeholfen. „Als Vorsitzender hat man kein freies Wochenende. Und auch im Büro besuchten mich die Mitglieder“, erzählt Schrader. Nach kurzer Zeit als Stellvertreter Hermann Papenburgs übernahm der Diplom-Ingenieur 1997 das Amt des Eintracht-Vorsitzenden und übte es mit Leidenschaft aus.
Erfahrung brachte er aus seiner Zeit als Chef der Junggesellen mit. „Ich habe viele Leute kennengelernt – auch über Edemissens Grenzen hinaus. Einem Verein vorzustehen, ist eine sinnvolle Freizeitgestaltung“, meint Schrader. An der Wand in der Geschäftsstelle am Sportplatz hängen Mannschaftsfotos. Ein Bild zeigt die strahlenden Gesichter der 1. Fußball-Herren bei der Übergabe des Härke-Pokals. Die Aktenordner im Regal sind sauber geordnet. Wichtig, wenn man Chef von rund 1600 Mitgliedern ist und sich mit Dingen beschäftigen muss, die eher lästig sind. Wie viel Geld darf der Übungsleiter verdienen, wie ist er versichert, wenn er sich beim Training ein Bein bricht? Im Haftungs- und Steuerdschungel können ehrenamtliche Vereinsvorsitzende durchaus mal den Überblick verlieren. „Der Bürokratismus und der ewige Kampf mit dem Geld“ waren für Schrader denn auch die Schattenseiten seiner Arbeit. Er nennt ein eindrucksvolles Beispiel: die Kassenprüfung, die vergangene Woche noch vor der Hauptversammlung anstand. „Hunderte von Buchungen. Die Verantwortung ist immens“, betont Schrader und schickt ein Lob für Schatzmeisterin Marita Ahrens und den gesamten Vorstand hinterher.
Auch Helmut Krüger darf sich dabei angesprochen fühlen. Nach 17 Jahren Vorstandsarbeit tritt auch der 3. Vorsitzende Freitag nicht zur Wiederwahl an. Mit einem heißen Grog erwärmt er sich mit Schrader in der Geschäftsstelle an dem Gedanken, bald nicht mehr an vorderster Front für den Verein zu stehen. „Ich bin ein alter Edemisser und für mich war die Arbeit eine Ehre“, sagt Krüger, der einst auch Fußball-Obmann war und im gesamten Klub für seine handwerklichen Fähigkeiten geschätzt wird. Fußballer Krüger packte beim Sporthaus-Bau mit an und bewässerte die Plätze, als die Eintracht noch keine vollautomatische Beregnungsanlage hatte. Sein Engagement für den TSV hat der 61-Jährige, der bei der Bundeswehr im psychologischen Dienst arbeitet, vererbt. Tochter Stefanie engagierte sich als Schatzmeisterin, der inzwischen neunjährige Enkel Paul war einst das jüngste Mitglied im Verein. Er war bei der Anmeldung einen Tag alt. Klaus Schrader ist 49 Jahre alt. „Vor meinem 50. Geburtstag wollte ich aufhören, das habe ich geschafft“, sagt er. Angst, dass ihm deshalb langweilig wird hat er nicht. Schrader ist selbstständiger Unternehmer, entwirft in seiner Firma zum Beispiel Drucksachen, produziert Firmenschilder und gestaltet das Mitteilungsblatt der Gemeinde Edemissen.
Für Edemissens Bürgerfastnacht engagiert er sich, reist gerne und freut sich und leidet mit den Fußballern der Eintracht. „Ich werde weiterhin jeden Sonntag auf dem Fußball-Platz stehen, und wenn meine Hilfe gebraucht wird, bin ich auch bereit, den Verein zu unterstützen“, verspricht er. Krüger hält es genauso: „Ich spiele vielleicht noch etwas mehr Tennis. Wenn meine Hilfe gefragt ist, bin ich gerne bereit mit anzufassen.“

Quelle: Peiner Allgemeine Zeitung 28.01.2010